https://doi.org/10.25312/j.5818


Aleksandra Wróbel https://orcid.org/0000-0001-8981-8500 Uniwersytet Gdański

e-mail: aleksandra.wrobel@ug.edu.pl


Die Sprache als wichtiger Faktor

der deutschen Nationalidentitätsbildung im 19. Jahrhundert


Abstrakt

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Problem der Beziehung zwischen Sprache, Nation und Identität am Beispiel der Jahnschen Turnsprache im 19. Jahrhundert in Deutschland. Die Analyse konzentriert sich auf die Rolle der Sprache als nationalen Hauptfaktor im Bildungsprozess der Burgerschaft, des nationalen Bewusst- seins und der nationalen Identitätsbildung. Es werden der historische Hintergrund des Turnens, die Entstehung der Turnbewegung und die wichtigsten Eigenschaften der Turnsprache als Determinant der Nationalidentität vorgestellt. Von Bedeutung sind auch kulturelle, gesellschaftliche und politische Aspekte, die einen groβen Einfluss auf die Kommunikation im Sportbereich und Bildung des nationalen Selbstbewusstseins im 19. Jh. in Deutschland hatten. Turnen oder einfach Sport ist auch heute ein Mittel der nationalen Innenpolitik. Er gibt den Bürgern die Gelegenheit, sich mit Staat und Gesellschaft zu identifizieren. Im Laufe der Zeit haben viele innere und äuβere Faktoren die Turnbewegung beeinflusst aber die von Jahn gegebenen Grundlagen sind für die modernen Leibesübungen auch heute ernst zu nehmen.


Schlüsselwörter: Turnbewegung, Nation, Identität, Nationalbewusstsein, Friedrich Ludwig Jahn, Geschichte, Sprache, 19. Jahrhundert, Deutschland, Sport


Jeder Mensch besitzt bewusst oder unbewusst unterschiedliche Identitäten: geschlecht- liche, berufliche, weltanschaulich-religiöse, soziale, politische, kulturelle und eben auch nationale. Nationen sind keine anthropologischen Konstanten, nichts, was für das Zusam- menleben der Menschen schon immer charakteristisch war, sondern sie sind als mentale, soziale und politische Beziehungsgeflechte, Produkte des historischen Prozesses. Sprachen

spielten bei der politischen, kulturellen und ethnischen Bestimmung von Größen wie Na- tion, Reich oder Staat über Jahrhunderte eine Rolle und spielen immer noch. Zahlreiche Untersuchungen zum Thema Gefühl der Nationszugehörigkeit, des Nationalbewusstseins kamen zu folgenden Ergebnissen: Sprache ist ein symbolischer Code, eine der eine wich- tige Rolle bei der Bildung von nationaler Identität sowie auch der Identitätsbildung von Individuen spielt. Am Beispiel vor allem des Deutschen werden unter anderem behandelt: bevölkerungsspezifische Verbreitung von Sprachen, Sprachidentität, Sprachpolitik und das Konzept der Nationalsprache. Die üblicherweise angeführten Merkmale wie gemeinsame Abstammung, Sprache und Kultur, aber auch ein gemeinsamer Markt bilden lediglich das Rohmaterial. Nationen entstehen durch soziale Kommunikation und kollektives politisches Handeln.

Die folgende Analyse beschäftigt sich mit dem Problem der Beziehung zwischen Spra- che und Nationalidentitätsbildung am Beispiel der Jahnschen Turnsprache im 19. Jahrhun- dert in Deutschland. Die Überlegungen konzentrieren sich auf die herausragende Rolle der Sprache als nationalen Hauptfaktor im Bildungsprozess der Bürgerschaft, des nationalen Bewusstseins und der nationalen Identitätsbildung. Es wird auf die wichtigsten Eigen- schaften der Sprache sowie auch auf kulturelle, gesellschaftliche und politische Aspekte hingewiesen, die einen Einfluss auf die Bildung der Nationalidentität und des nationalen Selbstbewusstseins der deutschen Bürger im 19. Jahrhundert in Deutschland hatten.


Zum Begriff „nationale Identität“

In der Wissenschaft findet man viele Definitionen der menschlichen Identität. Es gibt aber keine übereinstimmende Begriffserklärung. Hier werden nur gemeinsame Elemente der Identität hervorgehoben, wie: Gefühl der Kohärenz, Gefühl der Kontinuität, relative Unveränderlichkeit der eigenen Person, Trennung von der Umgebung (vgl. Sokolik, 1995: 10–11). In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat Erik Erikson im Bereich der Sozi- alwissenschaften den Begriff der individuellen Identität eingeführt. Seine Untersuchung legte Normen und eine Art der Wahrnehmung und des Verstehens des Begriffes aber keine konkrete Definition der Identität vor. In seiner Theorie entwickelte er ein mehrstufiges Modell von der Entwicklung der Persönlichkeit, die sich über das ganze Leben erstreckt. Unter Identität versteht Erikson:

[…] sich mit sich selbst – so wie man wächst und sich entwickelt – eins fühlen; und es heißt ferner, mit dem Gefühl einer Gemeinschaft, die mit ihrer Zukunft wie mit ihrer Geschichte (oder Myhologie) im reinen ist, im Einklang zu sein (Erikson, 1975: 29).

Nach Petillon „Ich-Identität ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Fremderwartungen und eigene Bedürfnisse so zu verarbeiten, dass ein eigenes selbstbestimmtes Rollenverhalten entwickelt und praktiziert werden kann. […] Selbstwertgefühl (Akzeptieren eigener Qualitäten und Schwächen) und Selbstbehauptung drücken sich in Ich-Identität aus“ (Petillon, 1993: 119).

Es kann daher festgestellt werden, dass die individuelle Identität eine Art und Weise ist, wie Menschen sich selbst in der ständigen Auseinandersetzung mit ihrer sozialen

Umwelt wahrnehmen und verstehen. Zu den Konstituenten der eigenen Identität gehören auch unter anderem: Geschlecht, Alter, Nationalität, Beruf und sozialer Status, aber auch persönliche Eigenschaften und Kompetenzen. Neben der individuellen Identität ist es auch wichtig, den Begriff der sozialen Identität zu definieren. Die soziale Identität gilt als eines der wichtigsten Elemente der Identität, weil sie Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsgruppe demonstriert. Soziale Identität bezeichnet das Ausmaß, zu dem wir uns mit einer sozialen Gruppe identifizieren. Sie ist ein Maßstab dafür, wie wichtig uns eine Gruppe ist. Je mehr wir uns mit einer Gemeinschaft identifizieren, desto mehr wird sie unsere Persönlichkeit bestimmen, weil die Normen und Werte einer sozialen Gruppe in der Regel von allen Mitgliedern dieser Gruppe geteilt werden. Wir erwerben sie, indem wir zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen und in verschiedenen Rollen agieren. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Selbstdefinition und beim Aufbau des Selbstwert- gefühls. Es beeinflusst unser Selbstverständnis als Teil dieser Gruppe, Kategorie oder Gemeinschaft (vgl. Melchior, 1990: 23). Man kann Schlussfolgerungen ziehen, dass jeder Mensch geschaffen ist, eigene Ziele zu realisieren und konstruktive Beziehungen mit anderen zu schaffen. Eine bedeutsame Rolle spielt dabei stabile persönliche Identität, Selbsteinschätzung und Gruppenidentität, die ein Ergebnis der individuellen Existenz im gesellschaftlichen Leben ist.

Eine Herausbildung der sozialen Identität besteht in der Bildung einer nationalen

Identität. Nationale Identität definiert eine Menge von gemeinschaftlichen Überzeugun- gen, Verhaltensweisen und oft auch emotionalen Bezügen, die Individuen oder Gruppen als eine Nation verbinden. Die Vorstellungen von der Nation fungieren als verbindende Elemente innerhalb der Gemeinschaft und als kollektive Identifikationsbezüge. Insofern lässt sich nationale Identität allgemein als ein Bewusstsein oder ein Gefühl der Zugehö- rigkeit innerhalb einer Gemeinschaft bezeichnen, das unter dem Vorzeichen der Nation steht. Die wissenschaftliche Forschung im Bereich der nationalen Identität ist sich darin einig, dass die Sprache als symbolischer Code, als Exponent der individuellen Identität und der Gruppenidentität fungiert. Die Sprache ist ein Mittel, gemeinsame Ziele und Bestrebungen auszudrücken. Sie ist ein fundamentales Symbol für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und hat einen bedeutenden Einfluss auf die Bildung der Bevölkerung als auch die Bildung der Nationalidentität der Bürger. Antonina Kłoskowska schreibt dazu:

Die nationale Identität der Gesamtheit bedeutet ihr Sammelselbstbewusstsein, ihre Selbstbestimmung, Bildung der eigenen Wahrnehmung und das Ganze, der Inhalt der Selbsterkenntnis und kein von auβen gebildetes Bild des Nationscharakters (Kłoskow- ska, 1996: 99).

Die Sprach- und Nationalidentität stehen in Wechselbeziehung zueinander. Diese ge- genseitige Abhängigkeit entsteht, wenn wir uns bewusst machen, dass es sehr schwierig ist, eine Nation hinzuweisen, die nicht untrennbar mit einer konkreten Sprache verbunden wäre. Die Muttersprache als Kommunikationsmittel der Nation wird einerseits als Quelle der gemeinsamen Geschichte und Erfahrungen der Muttersprachler und andererseits als einwirkende Kraft der nationalen Identitätsbildung bezeichnet (vgl. Kuczkiewicz-Fraś, 2012: 124–125). Die Muttersprache wird von einigen Forschern oft auch als einwirkende

Kraft der nationalen Identitätsbildung betrachtet (vgl. Kukiewicz-Fraś, 2012: 124–125). Die Identitätsbildung ist eng mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten und dem Umfeld verbunden. Der Begriff der Identität kann nicht als unveränderliches Merkmal verstan- den werden, sondern unterliegt einem lebenslangen Veränderungsprozess. Die Identität wird wesentlich von der persönlichen Geschichte aber auch von einem Bündel aus kul- turellen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Mustern geprägt (vgl. Vavti, 2009: 19).


Das Konzept der Turnbewegung im 19. Jahrhundert

Die Turnbewegung war ein Teil der vor etwa 1800 entstehenden deutschen National- bewegung und war vor allem ab 1840 bei der Ausbildung eines gesellschaftlichen Na- tionalismus in Deutschland von Bedeutung. Sie sollte sowohl Körper als auch Geist harmonisch gestalten, war aber vor allem Mittel zum Zweck. Einerseits sollte sie eine gewaltsame Beseitigung der Napoleonischen Fremdherrschaft bilden und andererseits sollte sie das Bewusstsein beeinflussen. Als Ziel wurde die Schaffung eines deutschen Nationalstaates gesehen (vgl. Röthig, 1992: 534–535). In den Jahren 1806 und 1807 stand Deutschland an einem Wendepunkt seiner nationalen Entwicklung. Mit dieser Zeit assoziiert man auch die Entstehung der Turnbewegung in Deutschland, die ihren Anfang im 19. Jahrhundert in der sogenannten Reichsgründungszeit hatte.

Schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden in Deutschland verschiedene Formen, Ideen und Konzepte der Nationalerziehung entwickelt. Die Menschen versuchten im Geiste der Aufklärung ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. In dieser wichtigen geschichtlichen Zeit hatten ganze Völker ihre nationale Identität entdeckt. Das war die sogenannte Ge- burtsstunde der Nationalbewegung in Deutschland mit dem Hauptziel, aus vielen kleinen und autonomen Einzelstaaten Deutschlands eine freie Nation selbstbewusster Bürger zu verwirklichen. Eines der Konzepte der Nationalbewegung war eben dasjenige der Volks- erziehung von Friedrich Ludwig Jahn, im Rahmen dessen das deutsche Turnen verbreitet werden sollte. Die Jahnsche Turnbewegung hatte eine klare Eingrenzung und zugleich ein ideologisches Programm. Für Jahn standen als Hauptziele sowohl die deutsche Einheit und Freiheit im Mittelpunkt als auch die Vorbereitung des Volkes für den Krieg gegen die Franzosen. Es ging hier um zwei Ebenen von Freiheit: die Freiheit des Volkes von der Fremdherrschaft und die individuelle Freiheit. Die Turnbewegung diente nicht nur der Gesunderhaltung des Körpers, sondern kann bei Jahn eher als eine Vorbereitung auf den Kriegsdienst verstanden werden. Neben der körperlichen Mobilmachung sah die Erzie- hung nach Jahn vor, dass sich die jungen Leute mit regionalem Kulturgut beschäftigten. Jahn versuchte, die Jugend körperlich abzuhärten und geistig auf sein Konzept von einem reinen deutschen Volkstum einzuschwören, das sich von allem Fremden abzugrenzen habe. Nation, Identität, Sprache stehen im engen Zusammenhang mit der Turnbewegung. An der frischen Luft der Berliner Hasenheide entwickelte Friedrich Ludwig Jahn mit seinen Schülern die Anfänge der Turnkunst. Der erste Turnplatz wurde im Jahr 1811 gegründet, wurde weiter entwickelt und diente später als Vorbild für andere, ähnliche Turnplätze in ganz Deutschland. Gerhard Ulrich Anton Vieth (1763–1836), Johann Christoph Guts-

Muths (1759–1852) und Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852) gehören zu den Vätern des Turnens. Für die drei erwähnten Persönlichkeiten wird unter dem Begriff Turnen ein umfassendes System von Leibesübungen verstanden. Vieth setzte von der Aufklärung geprägte didaktische Reformen durch und arbeitete vor allem für die Anerkennung einer neuen Körpererziehung. Heute ist er vor allem dafür bekannt, dass er für die allgemeine Förderung der sogenannten Leibesübungen eintrat, die er als erster wissenschaftlich-sys- tematisch beschrieb. Johann Christoph GutsMuths war Pädagoge, der auf die Entwicklung der Leibesübungen den stärksten Einfluss ausübte. Die von ihm entwickelte, pädagogisch gegründete Gymnastik wurde weltweit rezipiert. In seinem Werk „Gymnastik für die Ju- gend“ (GutsMuths, 1804) beschrieb er ausführlich die Bedeutung der Leibesübungen im Rahmen einer Erziehung. Nach GutsMuths ist die geistige und intellektuelle Entwicklung des Menschen vom Körper abhängig. Er setzte seine Ideen in die Praxis um und verband seine Gymnastik mit seinem Erziehungsprogramm (vgl. Ulfkotte, 2011: 76–85). Guts- Muths entwickelte die erste systematische, pädagogisch begründete Leibeserziehung, die er in Anlehnung an griechische Antike Gymnastik nannte (vgl. Ulfkotte, 2011: 76–85). Er war den Ideen der Aufklärung verpflichtet und als Philanthrop war er der Meinung, dass Vernunft sich nur über Sinne entwickeln könne. Deswegen standen die Ausbildung des Körpers und die Leibesübungen im Mittelpunkt. Basierend auf den Ideen der Aufklä- rung entwickelten die Philanthropen eine revolutionäre Pädagogik, deren Ziel es war, die männlichen Schüler zu vernunftgeleiteten Bürgern zu erziehen. Ihr breiter Übungskanon diente Zeitgenossen und Nachfolgern bei der Entwicklung eigener Gymnastiksysteme als Fundgrube in seiner Zeit, in der aufgrund der Napoleonischen Kriege die körperliche Ertüchtigung der Jugend als unabdingbar galt (vgl. Ulfkotte, 2011: 76–85).

Der eigentliche Begründer der Turnbewegung in Deutschland war aber Friedrich Ludwig

Jahn. Die Gesamtheit der Leibesübungen, die Jahn Turnen nannte, entstammte dem Vorbild GutsMuths, wurde von ihm weiter entwickelt und mit anderen Zielen und Aufgaben verbun- den. Im Gegensatz zu den Philanthropen der Aufklärung, die den Geist und Körper als eine Einheit betrachteten, bezieht Jahn Turnen auf einen Traum von der Einheit Deutschlands (vgl. Krüger, 1993: 39). Jahn übernahm von GutsMuths nicht nur das Konzept der Bewegungskul- tur, sondern auch die Einrichtung der Turnplätze, Geräte, Übungen sowie die Systematik der Leibesübungen und auch die Methodik. Sehr wichtig für die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland im 19. Jahrhundert waren auch die von der frühen Turnbewegung unter dem Einfluss Jahns entwickelten Leitbilder und Verhaltensnormen. Dazu gehören die turnerische Haltung, d.h. Selbstdisziplin, die in den „Turngesetzen“ verankerte „turnerische Tugend“, die einheitliche Leinen-Gleichtracht, die dem Streben nach einer egalitären Gesell- schaft verpflichteten Anschauungen von der Gleichheit vor dem Gesetz.


Die Rolle und Bildung der Jahnschen Turnsprache

Die Sprache bezeichnet man als eine der Kommunikationsformen, ein Verständigungsmit- tel und ein wichtiges Kennzeichen des Menschen. Sie ist notwendig für das menschliche Wahrnehmen, Denken, Erkennen, Fühlen und Handeln. Dank der Sprache können wir auf

verschiedene Impulse nicht nur auβerverbal reagieren, sondern auch Motive des mensch- lichen Verhaltens darstellen. Die Sprache dient zur Übermittlung von verschiedenartigen Informationen, Gedanken, Gefühlen und Wünschen. Sie ist einem ständigen Wandel unterworfen und ist kein isoliertes System. Die Sprache ist in eine Welt eingebettet, die sich ständig ändert und auf diese Art und Weise der Sprache neue Aufgaben, Bedingun- gen aber auch Voraussetzungen stellt. Es entstehen neue Möglichkeiten und Wege der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Die Sportsprache bezeichnet die verbale Kommunikationsform, mit der Verständigung innerhalb des Sachgebiets Sport stattfindet bzw. mit der über das Phänomen Sport reflek- tiert wird. Dabei lassen sich unterschiedliche Sprachebenen unterscheiden. Die Befassung mit Sportsprache bezieht sich einerseits auf die Sprachwissenschaft und andererseits finden sich sportsprachliche Fragestellungen in sämtlichen Unterdisziplinen der Linguis- tik (Born, 2009: 11). Es existiert aber keine einheitliche Sportsprache. Die Sportsprache differenziert sich vielmehr einerseits nach dem Anwendungsbereich des sozialen Milieus und der entsprechenden Sprachebene sowie andererseits nach den unterschiedlichen Sportarten, aus denen sie erwachsen ist und als lebendige Sprache weiterhin erwächst. Die Übergänge sind häufig fließend.

Die Besonderheit der Sprache im Bereich des Sports lässt sich in Deutschland nicht nur im Fuβball, sondern auch in der Disziplin Turnen und der Turnsprache beobachten, die hohe Aufmerksamkeit erregt und eng mit der deutschen Kultur und Geschichte verbun- den ist: „Leibesübungen, Gymnastik, Turnen, Spiel und Sport, wie die Begriffe hieβen, mit denen die Körper- und Bewegungskultur einschlieβlich der körperlichen Erziehung seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts in Deutschland bezeichnet wurden, gehörten nicht zur höheren, geistigen Kultur und Menschenbildung, wurden aber sehr wohl als physische Voraussetzung für sie angesehen, und damit als Teil einer ganzheitlichen, breiten Volks- bildung und Erziehung“ (Krüger, 2011: 88). Popularität der Leibesübungen, des Sports, mit dem gesamten Wortschatz der Aktiven, der Zuschauer, der Trainer, gibt ein Recht zum lebensvollen, sprachlichen Ausdruck, der dem dynamischen Wechsel der Erscheinungen in den unmittelbar erlebten Leibesübungen gerecht wird. Der deutschen Sprache als Mut- tersprache wies Jahn eine Schlüsselrolle zu. Die Jahnsche Turnsprache war von Anfang an ein wichtiger Faktor bei der Bildung der Nationalidentität in Deutschland. Die Jahnsche Turnbewegung war eben ein Konzept der Nationalerziehung und die Turnsprache war ein untrennbarer Teil der Bewegung.

Um die Turnsprache besser verstehen zu können, braucht man einen Blick auf die

Geschichte des deutschen Turners zu werfen, denn diese steht seit dem 19. Jahrhundert in enger Verbindung zu nationalistischen, patriotischen und sprachpuristischen Bestre- bungen. Die Geschichte der modernen Leibesübungen fängt in Deutschland im „Zeitalter der Befreiungskriege“ zum Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Turnen an.

Turnen war ein Mittel zur Erziehung des Volkes, aller Menschen, die durch gemeinsa- me Sprache und Kultur miteinander verbunden waren. Jahn wollte das Turnen über eine verständliche Fachsprache verbreiten. Er bildete die Turnsprache, die als ein Verständi- gungsmittel zwischen Turnlehrern und Turnschülern diente und die Kommunikation und Ausübung des Turnens erleichtern sollte. Der Sprache kommt hierbei eine grundlegende

Bedeutung zu, da sie nicht als neutrales Mittel zur Kommunikation angesehen werden kann, sondern als wesentliches Merkmal der Identität einer Gruppe. Eng mit der Spra- che sind ebenso die kulturellen Aspekte wie auch die Werte verbunden, die gemeinsam identitätsstiftend sind.

Schon die im 19. Jahrhundert war die von Friedrich Ludwig Jahn entwickelte Turnsprache ein Mittel, um das Volk körperlich und ideologisch für die Einigung Deutschlands vorzu- bereiten. Das Jahnsche Turnen kann als ein nationales Kommunikationssystem bezeichnet werden, das in Haltung und Bewegung verkörpert wird und zahlreiche Symbole zur Ver- stärkung des Wir-Gefühls entwickelt hat. Unter dem Begriff Kommunikationssystem wird hier eine Form des gemeinsamen Lebens, ein Ausdruck einer Volksbewegung, getragen von dem Freiheitsgefühl und vom Gefühl der Selbsttätigkeit, verstanden. Die Turnbewegung vertritt Interessen der ganzen Nation und ist politisch gesinnt. Die Jahnsche Turnsprache war ein Mittel zur Vertiefung des Nationalbewusstseins. Er schätzte die Sprache sehr und schrieb ihr eine gröβere Ästhetik und vielseitigere Ausdrucksmöglichkeiten als anderen Sprachen zu. Jahns Konzept der Volkserziehung richtete sich auf die soziale Verantwortung der Menschen gegenüber den anderen. Es ging ihm um einen Mensch, der seiner Rechte bewusst ist, sein Leben in eigenen Händen hat und ein Selbstwertgefühl besitzt. Im Weiteren handelte es sich um die Erziehung einer selbstbewussten Nation. Turnen war für alle be- stimmt, unabhängig von dem Alter und von der Gesellschaftsschicht. In seinem Buch schrieb Jahn „Von Anfang an zeugte die Turnkunst einen groβen Gemeingeist und vaterländischen Sinn, Beharrlichkeit und Selbstverleugnung. Alle und jede Erweiterung und Entwicklung galt gleich als Gemeingut“ (Jahn, Eiselen, 1816: 11–12). Für den Turnvater Jahn waren die gesellschaftlichen Ziele von den politischen nicht weniger bedeutend. Die Turner kämp- fen gegen alles, was als nicht deutsch und nicht vaterländisch empfunden wurde. In seinem Buch beschreibt Jahn sein Konzept auf folgende Weise „Die Turnkunst soll die verloren gegangene Gleichmäβigkeit der menschlichen Bildung wieder herstellen, der bloβ einsei- tigen Vergeistigung die wahre Leiblichkeit zuordnen“ und zwar damit „jeder Turner sein eigen Gepräge erhält nach seinem eigen Schrot und Korn“ (Jahn, Eiselen, 1816: 45–46). Weiterhin schreibt er „Die Sprache wird treu gepflegt mit dem Entwicklungsgange Schritt halten, für jede neue Gestaltung unsers Volks passen, für jede Lebensfülle zureichend sein, und mit dem Wachstum des Volkes an Bildsamkeit zunehmen“ (Jahn, Eiselen, 1816: 30). Nach Jahn wird die Turnsprache für ein Volk mit vaterländischer Gesinnung gebildet, um zur Einheit Deutschlands beizutragen. Die Sprache sollte zusammen mit dem Turnen die Seele des Volkslebens bilden. Sie musste in allen Einzelheiten gut fundiert werden und sollte in ganz Deutschland weiterverbreitet werden. Wegen des hohen ideologischen An- spruchs, der an die Sprache gestellt wurde, verlangte die Schöpfung dieser Fachsprache viel Präzisionsarbeit von ihrem Erfinder. Einerseits musste jeder Begriff klar, einfach und verständlich für die Öffentlichkeit sein, andererseits war es für Jahn von groβer Bedeutung, in jedem Wort den nationalen Geist und Sinn der Turnbewegung zu verdeutlichen. Die Jahnsche Turnbewegung konzentrierte sich einerseits auf Körperübungen und andererseits führte sie zur Stärkung von Nationalgefühlen und Einigkeit. Sie besaβ doppelte Funktion und war sogleich ein Mittel zur Erziehung des Volkes, zur Erziehung aller Menschen in Deutschland, die durch gemeinsame Sprache und Kultur miteinander verbunden seien.

Die Voraussetzungen bei der Bildung der Turnlexik

Im nächsten Teil werden die Regeln der Bildung der Turnsprache dargestellt, die von Friedrich Ludwig Jahn geschaffen wurden. Er schrieb der deutschen Sprache als Muttersprache eine Schlüsselrolle zu. Im Mittelpunkt seiner Bestrebungen stand die Pflege, die deutsche Sprache nach und nach von allen andersprachigen Einflüssen zu reinigen. In der Jahnschen Turnsprache dominieren deutschstämmige Wörter. Im Bereich der Turnsprache konnte Jahn seine völkisch motivierte Sprachreform in aller Konsequenz umsetzen. Im Vorbericht seines Buches zur „Deutschen Turnkunst“ stellt er auch fest, welchen Voraussetzungen die Turnsprache entsprechen sollte und wie ein neues Wort aus der Turnsprache gestaltet werden musste. Durch Bezeichnung neuer Geräte und neuer Übungen wollte er ein leistungsfähiges und zweckmäßiges Kommunikationsmittel zur Verfügung stellen. Nation, Sprache, Vaterlandsliebe und Erziehung werden hier in einen solchen Zusammenhang gestellt.

Nach Jahn die Begrifflichkeit der Turnsprache solle:

  1. „eine Deutsche Wurzel sein, oder nachweislich von einer solchen stammen; den Deutschen Wortbildegesetzen nicht widersprechen, sondern

  2. sprachthümlich gebildet sein;

  3. einen Begriff bezeichnen, wofür es bis jetzt noch kein Schriftwort gab;

  4. zu keiner falschen Nebenbedeutung verleiten;

  5. Weiterbildsamkeit besitzen;

  6. kein schwerzusammengefugtes Angst-, Not- und Qualwort sein;

  7. ein schlechteres Schriftwort schriftwürdiger ersetzen“ (Jahn, Eiselen, 1816: 50). Diese Regeln hatte er selbst konstruiert und bei der Bildung der Terminologie einge-

halten. Diese Jahnschen Voraussetzungen sind untereinander vereinbar. Die Bildung der Regeln verlangte von ihm viel Mühe und Engagement. Die Hauptsache war für Jahn jedoch, dass die Wörter aus der deutschen Sprache kamen. Die wichtigste Regel wurde als Erste erwähnt. Wie seine erste Forderung verlangt, schloss er den Gebrauch von Fremdwörtern nahezu aus, was aus den sprachpuristischen Bestrebungen Jahns resultierte (Jahn, Eiselen, 1816: 11). Dabei ging es darum, die Turnsprache aus Wörtern mit deutscher Herkunft zu bilden oder Fremdsprachiges durch den deutschen Wortschatz einfach zu ersetzen. Das bedeutet, dass die neu erwachten Nationalgefühle von Bedeutung in der Sprachpflege waren. Der deutsche Wortschatz war nach Ansicht der Puristen eine Garantie der natio- nalen Identität und Sprachidentität, weswegen Jahn als Patriot die Sprache von fremden Wörtern reinigen wollte. Die Sprache verstand man als Garanten der Volkszugehörigkeit, deswegen wurden die Fremdwörter als eine existentielle Bedrohung für die nationale Identität, Gefährdung der Volksidentität empfunden. Seine Einstellung war radikal und er selbst war intolerant gegenüber allen Fremdwortbenutzern.

Im Weiteren äußert er sich zu der deutschen Sprache:

Die deutsche Sprache vereint reine Ursprünglichkeit mit Weiterbildsamkeit, und hohes Alter mit jugendlicher Frische“ (Jahn, Eiselen, 1816: 28). Wegen dieser Eigenschaften der deutschen Sprache erschien es für Jahn ideal, aus dieser die Wörter für die Turn- sprache zu gewinnen. Für seine Turnsprache wählte er aus der deutschen Sprache nur

solche Wörter aus, die sich noch weiterbilden ließen. Er suchte auch nach Sprachähn- lichkeiten, um Muster zu schaffen und daraus neue Wörter zu bilden. „Jedes Wort ist ein Schlüssel zur Sprachkammer, das erste beste ist der Reigenführer zur ganzen Wör- terfolge (Jahn, Eiselen, 1816: 41).

Daraus folgt, dass er nach Verständlichkeit, Deutlichkeit und Einfachheit dieser Sprache strebte. Dies sieht man schon bei den Hauptdisziplinen des Turnens wie: Gehen, Lau- fen. Es handelte sich dabei einfach um den Gang und den Lauf, die zur Verstärkung des Körpers führen sollten. Sie bildeten auch einen Bestandteil anderer Disziplinen. Diese Begriffe waren aber damals jedem Turner und sind auch heutzutage allgemein bekannt und verständlich.

Im weiteren Punkt handelt es sich um Wörter, die etwas bezeichnen, was bis dahin noch nicht bezeichnet worden war. Zu dem sprachlichen Repertoire Jahns, aus dem er neue Wörter schöpfte, gehören die schon genannten Sondersprachen (d.h. Seemannspra- che, Bergmannsprache, Zimmermannsprache). In der vierten Forderung ging es Jahn darum, dass die Turnsprache nicht auf den Turnplatz beschränkt bleiben sollte, sondern ihre Aufgabe sollte es sein, in die Ferne zu wirken. Das Ziel war die Turnsprache in ganz Deutschland bekannt zu machen. Deswegen sollten die neu gebildeten Wörtern

„möglichst genau bestimmt, treffend und merkbar sein” (Jahn, Eiselen, 1816: 41). Eine Fachsprache charakterisiert sich vor allem dadurch, dass ihre Begriffe eindeutig defi- niert sind. Genauigkeit und Eindeutigkeit standen also im Mittelpunkt der Jahnschen Turnsprache. Weiterhin ging es Jahn darum, dass er bei der Bildung seiner Turnsprache häufig Musterwörter zugrunde legte, die so viel Weiterbildsamkeit in sich bargen (Unter Weiterbildsamkeit wird hier Wortschatzerweiterung zum Beispiel durch Zusammenset- zungen verstanden), zum Beispiel Wörter mit identischen Mustern, Reihenbildung auf Zeug wie Hebzeug, Steigzeug, Werfzeug, Kletterzeug, Schwebezeug, Schwingzeug und ähnliche. In der sechsten Forderung wies Jahn darauf hin, dass die Turnsprache zum Teil Unterrichtssprache ist. Auch aus diesem Grund soll die Sprache nach Kürze und Einfachheit drängen. Er schrieb im Vorbericht seines Werkes: „Ein Wort soll aber gefugt, nicht bloß zusammengesetzt: genuthet und nicht genagelt; nicht geleihmt, son- dern geschweißt sein“ (Jahn, Eiselen, 1816: 51). Jahn verwendete deswegen Reime wie: kippen und wippen. Die Wörter waren kurz, einfach und reimten sich und passten zusammen. Er bemühte sich auch, die Verwendung von Zusammensetzungen zuguns- ten der Ableitungen einzuschränken.

Weiterhin schreibt Jahn: „Die Sprache wird treu gepflegt mit dem Entwicklungsgan-

ge Schritt halten, für jede neue Gestaltung unsers Volks passen, für jede Lebensfülle zureichend sein, und mit dem Wachsthum des Volkes an Bildsamkeit zunehmen“ (Jahn, Eiselen, 1816: 30). Daraus kann man Schlussfolgerungen ziehen, dass die Sprache sich bei guter Pflege in jeder Situation bewähren wird und sich weiterentwickelt. Die nationale Entwicklung des Volkes und die Entwicklung der Turnsprache und die Herausbildung der nationalen Identität sind miteinander korreliert. Die Sprache muss in Einzelheiten gut fundiert werden. Hohe Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit bei der Bildung neuer Wörter waren vorauszusetzen. Die Sprache wurde praxisnah mit hohen Voraussetzungen und En- gagement Schritt für Schritt gebildet. Jede Bezeichnung musste präzise und überlegt als

auch einfach und verständlich für die Öffentlichkeit sein. Von großer Bedeutung war es für Jahn wegen seiner nationalen Intention, in jedem Wort den nationalen Geist und Sinn der Turnbewegung zu verdeutlichen. In seinem Buch betont Jahn bezüglich der Turnsprache ein „unbestrittenes Recht, eine deutsche Sache in deutscher Sprache, ein deutsches Werk mit deutschem Wort zu benennen“ (vgl. Jahn, Eiselen, 1816: 25). Jahn als Turnvater und Spracherzieher kommt hierbei im Diskurs um die Erhaltung der deutschen Sprache eine Schlüsselrolle zu. So ist die Geschichte der Sprache des Turnens eng mit der politisch motivierten Diskussion um Sprachnormen und Sprachgebrauch verbunden.


Schlussfolgerungen

Sprachen haben über Jahrhunderte hinweg eine herausragende Rolle in der politischen und kulturellen Dimension gespielt und tun dies auch heute noch. Die Sprache – im Sinne von Code – ist eine wichtige Markierung der Identität. Die Erfindung der allgemeinver- ständlichen Turnsprache war wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Turnens und Rettung Deutschlands. Charakteristisch bei der Bildung der Sprache waren klare Regeln und deutsche Wurzeln, die mit den sprachpuristischen Bestrebungen Jahns eng verbunden waren. Der Schöpfer der Turnsprache stellte dabei die Turner selbst ins Zentrum seiner Überlegungen, als männliche Jugend des Landes, die die Sprache verwenden und für die Ausbreitung des Turnens und der Turnsprache in ganz Deutschland sorgen sollten. Aus diesem Grund legte er einen großen Wert auf die schon oben erwähnten Eigenschaften der Sprache wie Verständlichkeit, Kürze, Einfachheit und Werbewirksamkeit der Turn- terminologie. Schlüsselrolle schrieb er der deutschen Sprache zu. Sie soll von allen fremden Wörtern gereinigt werden. Auf diese Weise wurden von Jahn in der Turnsprache Volk, Sprache und Erziehung in ihrem inneren Zusammenhang erkannt. Die Wirkungen der Jahnschen Bemühungen sind noch heute in der Turnsprache präsent, aber ohne die ideologisch-nationalen Komponente. Die Jahnsche Turnsprache nennt man als ein sym- bolischer Code, das eine wichtige Rolle bei der Bildung von Nationalidentität sowie auch der Identitätsbildung von Individuen spielte.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Jahnsche Turnsprache einen erzieherischen

Sinn und nationalen Geist hatte und dass der Entstehungsziel der Turnsprache von Jahn in der Einheit Deutschlands gesehen wurde. Jahn schrieb der deutschen Sprache eine Schlüs- selrolle zu. Er selbst sagte: „Diesen Grundgedanken des groβen Kampfes soll und muβ man auf die rein erziehlichen Leibesübungen im engeren Sinne umwandeln. Verein, Ordnung, Zeitmaβ, Wink, Befehl, sind die Seele des Turnwesens“ (Jahn, Eiselen, 1816: 210). Im

19. Jahrhundert wurde die Tradition der Sprachpflege und des Fremdwortpurismus nicht vernachlässigt, was die Gründung von verschiedenen Vereinen und Gesellschaften bestä- tigt, die gegen das Fremde kämpfen und bei denen die deutsche Sprache und nationale Identität im Mittelpunkt standen. Es muss aber angedeutet werden, dass Jahn anfangs nicht überall auf Zustimmung stieβ.

Im Laufe der Zeit hat sich natürlich das Nationalbewusstseins der Deutschen geändert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Turnsprache weiter eine lebendige und wach-

sende Sprache ist, denn die Turnbewegung entwickelt sich auch ständig weiter. Heute wird die Bewegung als Turnen an Geräten geheiβen und wird mit anderen Sportdiszip- linen assoziiert. Die Turnsprache wurde auch um neue Bezeichnungen bereichert aber der Begründer der Turnbewegung in Deutschland, der Turnvater Jahn wird bis heute als Schöpfer der Turnbewegung geehrt. Ähnlich wie im 19. Jh. präsentiert sich die Turnbe- wegung in Deutschland als Bestandteil des groβen bürgerschaftlichen Engagements in den Turnvereinen und Sportvereinen. Turnen oder einfach Sport ist auch heutzutage ein Mittel der nationalen Innenpolitik. Er gibt den Bürgern die Gelegenheit, sich mit Staat und Gesellschaft zu identifizieren und wirkt so innenpolitisch als stabilisierender Faktor. Und auch heute noch findet Jahns Anliegen, junge Menschen durch Sport und Sprache national zu prägen, teilweise uneingeschränkte Zustimmung.

Michael Krüger schreibt über Jahn und Turnbewegung Folgendes „Die Ergebenheit ans Vaterland, an die Idee der Nation, lieferte die Turner nicht nur den nationalen Führern, von Bismarck bis Hitler, aus, sondern forderte auch ihren vollen Einsatz, notfalls bis zum Tod im Krieg für das Vaterland“ (vgl. Krüger, 2000: 198).

Man kann die Schlussfolgerungen ziehen, dass Turnen schon immer weit mehr als Sport war. Neben der wichtigen körperlichen Ertüchtigung spielte eine herausragende Rolle auch die geistige Bildung. Die Turnbewegung diente im 19. Jh. zur Erfüllung patri- otischer Aufgabe. Die gesellschaftliche und die politische Bedeutung des Turnens drückte sich in der enormen Mobilisation der Massen aus. Die Turnbewegung war eine nationale Leibeserziehung, die sehr weit in ganz Deutschland entwickelt wurde. Sie kann sowohl als ein Mittel nationaler Wiedererweckung als auch ein Modell aufgeklärter Körperkultur des 19. Jahrhunderts bezeichnet werden. Im Laufe der Zeit haben viele innere und äuβere Faktoren die Turnbewegung beeinflusst aber die von Jahn gegebenen Grundlagen sind für die modernen Leibesübungen auch heute ernst zu nehmen.


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Abstract

Language as an important factor in the formation of German national identity in the 19th century

In this article we will deal with the problem of the relationship between the language and moulding national identity of citizens using the example of the Jahnovian language of gymnastics in the 19th century in German. Friedrich Ludwig Jahn endeavoured in many ways to enrich and purify the German language as an expression of national consciousness. We will focus on the role of gymnastic language as the main one nation-forming factor in the process of building civic attitudes, deepening national awareness.


Keywords: language, 19th century, gymnastic language, German, history, identity, national identity


Streszczenie

Język jako istotny aspekt kształtowania tożsamości narodowej w XIX w.

Rozważania skupiają się na problemie relacji między językiem a kształtowaniem tożsamości narodowej oby- wateli na przykładzie Jahnowskiego języka gimnastyki w XIX wieku. Analiza koncentruje się na roli języka

jako istotnego czynnika narodotwórczego w procesie budowania postaw obywatelskich oraz kształtowania świadomości narodowej obywateli. Wyodrębnione zostały cechy języka gimnastyki, historia jego powstania oraz czynniki polityczne, kulturowe, społeczne, które wpłynęły zarówno na stworzenie ruchu gimnastyczne- go jak i języka, jako narzędzia komunikacji na placu gimnastycznym i wyznacznika budowania tożsamości narodowej w XIX wieku w Niemczech.


Słowa kluczowe: tożsamość, naród, język, historia, Niemcy, XIX wiek